B7A9EA Historic photo, pharmacist, ca. 1915

100 Jahre Apothekergeschichte

Wir feiern 100-jähriges Jubiläum! Denn 1924 wurde unsere Genossenschaft von Apothekern für Apotheker gegründet. Ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahrhundert liegt hinter uns. Reisen Sie mit uns zurück in unsere Firmengeschichte und erfahren wie wir die älteste Apothekergenossenschaft Deutschlands wurden.

Die zwanziger Jahre

Wirtschaftliche Not erfordert neues Handeln

Die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts waren für die Apotheker in Deutschland eine Zeit der Umbrüche. Hatten sie bis dahin noch den Großteil aller Arzneimittel in kleinsten, individuellen Portionen selbst hergestellt, kamen nun immer mehr sogenannte Spezialitäten auf den Markt. Fertige Arzneimittel, die von international tätigen Konzernen entwickelt, in großen Chargen produziert und gebrauchsfertig abgepackt geliefert wurden.

WIVEDA und WIGESA entstehen

Selbsthilfe in der Wirtschaftskrise

Auch in Württemberg und in der Tschechoslowakischen Republik folgten in den Nachkriegsjahren viele Apotheker dem Beispiel ihrer Berufskollegen aus anderen Regionen und versuchten, auf nachbarschaftliche und kollegiale Weise die Lösung ihrer Probleme selbst in die Hand zu nehmen. In vielen Städten trafen sich kleine Gruppen von gleichgesinnten Apothekern um durch gegenseitigen Erfahrungsaustausch und gemeinsamen Rohstoffbezug bei den Herstellern ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern.

EGWA und WIVEDA

Apotheker gründen eine Genossenschaft

1930 gründeten die Apothekerkollegen in Württemberg und im Sudetenland ihre Genossenschaften EGWA und WIVEDA. Vier Jahre zuvor, 1926, hatten dies die Apotheker im damals dem Völkerbund unterstellten Saargebiet mit der Gründung der WIGESA bereits vorgemacht. Während sich die WIGESA 1935 nach der Rückkehr des Saargebiets ins Deutsche Reich auflöste, entwickelte sich der Geschäftsbetrieb bei EGWA und WIVEDA zunächst erfreulich. Doch die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die daraus folgenden wirtschaftlichen und politischen Veränderungen beeinträchtigten die Zukunft beider Genossenschaften erheblich.

Nationalsozialismus

Stillstand im Zweiten Weltkrieg

Die nationalsozialistischen Machthaber unterdrückten Genossenschaften in vielen Bereichen. Laut Anordnung vom 18. Februar 1941 wurden zum Beispiel Befugnisse und Vermögen aller deutschen Verbrauchergenossenschaften auf die Deutsche Arbeitsfront übertragen. Auch Apothekerzusammenschlüsse blieben von solchen Maßnahmen nicht verschont. WIVEDA und EGWA hingegen bestanden – trotz teilweise widriger Umstände – auch noch während des Krieges. Die WIVEDA – als sudetendeutsche Organisation besser geschützt vor politischen Eingriffen als die EGWA – entwickelte sich nach ihrer Neugründung gut und brach erst mit der Vertreibung der Sudetendeutschen aus der CSR 1945 zusammen. Die EGWA verschmolz 1943 auf Anordnung der Machthaber mit der Herba Apotheker-AG, Wien.

Kriegsende

Neubeginn und Wirtschaftsaufschwung

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Apotheken zerstört oder beschädigt, die Rohstofflager leer und Arzneimittel kaum zu beschaffen, da auch viele Produktionsanlagen zerstört waren. Die deutschen Apotheker standen erneut vor der Frage, wie sie sich selbst Rohstoffe für die Herstellung, Arzneimittel sowie Verbands- und Hilfsmittel beschaffen könnten. Schon wenige Wochen nach Kriegsende entwickelten sich Initiativen, die bereits vor dem Krieg bestehenden Genossenschaften aufleben zu lassen. EGWA, WIVEDA und WIGESA wurden wieder gegründet, und in München und Kiel entstanden neue Apothekerzusammenschlüsse.

Sechziger Jahre

Auf dem Weg zum Vollsortimenter

Auch die Apotheker und ihre Genossenschaften hatten Teil am deutschen Wirtschaftswunder der sechziger Jahre. Die wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte und erforderte regionale Erweiterungen durch die Gründung von neuen Niederlassungen und die Einführung von Lochkartensystemen und elektronischer Datenverarbeitung in den Lagern und Büros. Die Genossenschaften erreichten gemeinsam mit ihrem 1959 gegründeten Gepha-Verband im Laufe der sechziger Jahre, dass endlich alle Arzneimittelhersteller sie belieferten und sie damit zu Vollsortimentern werden konnten. Zeitgleich setzte in der deutschen Großhandelslandschaft jedoch ein Konzentrationsprozess ein, dem im Laufe der Jahre die meisten der 1962 noch 160 Arzneigroßhandlungen zum Opfer fallen sollten.

Siebziger Jahre

Konsolidierung und Konzentration

In den siebziger Jahren setzte sich im pharmazeutischen Großhandel ein Konzentrationsprozess fort, der schon in den sechziger Jahren begonnen hatte. Kleine, regional operierende Großhändler schlossen sich zusammen oder wurden von größeren übernommen. Auch die Apothekergenossenschaften waren in diesen Prozess eingebunden. Sie übernahmen andere Großhändler, um ihr Liefergebiet abzurunden oder zu erweitern. Die EGWA zum Beispiel erwarb zwei private Hamburger Großhandlungen, um im Raum Hamburg Fuß zu fassen. Die beiden kleineren Apothekergenossenschaften, die WIGESA und die NORDAG, fusionierten mit ihren großen Schwestern WIVEDA beziehungsweise EGWA.

Achziger Jahre

Starker Wettbewerb im Arzneimittelhandel

Die Zahl der Apotheken wuchs in den achtziger Jahren von 15.877 Apotheken 1980 auf 18.549 im Jahr 1990. Die Zahl der Arzneimittelgroßhandlungen schrumpfte hingegen weiter. Denn die achtziger Jahre waren im pharmazeutischen Großhandel von einem erbitterten Kampf um Marktanteile geprägt, den die Unternehmen hauptsächlich über die Gewährung hoher Rabatte austrugen. Nur durch Serviceverbesserungen für die Kunden und Rationalisierungen in den Arbeitsabläufen waren die genossenschaftlichen Großhandlungen in der Lage, in diesem Wettlauf mitzuhalten. 1989 gab es noch fünf bedeutende Gruppierungen: Die Adolf-Merckle-Gruppe, die Gehe, die ANZAG, die Genossenschaften und einige regionale private Anbieter.

Neunziger Jahre

Vereinigung und Börsengang

In den neunziger Jahren entwickelte sich Sanacorp, wie sich die fusionierte Apothekergenossenschaft ab 1991 nannte, nach Phoenix, Gehe und ANZAG zum viertgrößten pharmazeutischen Großhändler in der Bundesrepublik. Noch während der Fusion verhandelte das Unternehmen mit der Treuhandgesellschaft, um drei Versorgungsdepots der DDR zu übernehmen. Dort waren in den folgenden Jahren schnell hohe Investitionen nötig um einen Versorgungsstandard zu erreichen, der dem in der alten Bundesrepublik entsprach. Durch die Gesundheitsreformgesetze von 1993 sank der Umsatz im pharmazeutischen Großhandel in den Folgejahren um fast zehn Prozent. Als Folge daraus sah sich das Management der Sanacorp gezwungen, in den westdeutschen Niederlassungen Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen um die internen Kosten zu senken.

Jahrtausendwende und Digitalisierung

Digitale Evolution

Die zunehmend knappe Finanzierung des Gesundheitswesens führten in den Folgejahren zu weiteren Einspargesetzen, die sowohl Apotheken als auch den Pharmagroßhandel trafen. Zahlreiche Neu- und Umbauten an den Standorten sowie viele technische Innovationen zielten auf Effizienz, hohe Lieferfähigkeit und Unterstützung der Apotheken. Das eigene Kooperationsprogramm „mea – meine apotheke“ unterstützt die teilnehmenden Apotheken seit 2004 mit zahlreichen Marketing- und Verkaufsbausteinen. Der Weg in die Digitalisierung beginnt und große Projekte wie Apothekenshop- und –plattformen entstehen und das E-Rezept und die elektronische Patientenakte werden auf den Weg gebracht. In der Corona-Pandemie spielen die Apotheken bei der Versorgung der Bevölkerung mit Schutzausrüstungen, Impfstoffen und wichtigen Arzneimitteln eine überaus wichtige Rolle.